Deutschland zwischen 2025 und 2040: Die gesetzliche Rentenkasse steht unter massivem Druck – die Gesellschaft wird immer älter, die Belastung steigt. Jedes Jahr gehen eine Million Erwerbstätige in Rente, viel weniger Jüngere kommen nach. Schon jetzt müssen viele Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung mit sinkenden Ansprüchen rechnen, während gleichzeitig die Ausgaben für Beamtenpensionen weiter steigen. Ein notwendiger Schritt hin zu mehr Fairness: die Integration der (künftigen) Beamten.
Blick nach Österreich: Es geht!
Das ARD-Magazin PlusMinus hat dieses Thema kürzlich aufgegriffen und auf ein funktionierendes Beispiel direkt vor unserer Haustür hingewiesen: Österreich.
Dort zahlen bereits seit 1997 nicht nur Angestellte und Arbeiter, sondern auch Abgeordnete in die gesetzliche Pensionsversicherung ein. Damit wurde der Weg für die noch tiefgreifendere Reform der Altersversorgung von Beamten geebnet.
Reform der Beamtenpension in Österreich – durch öffentlichen Druck
Unter starkem öffentlichem Druck und wachsendem Reformwillen wird seit 2005 schließlich auch die Beamtenversorgung umgestellt: neue Beamte werden nach und nach in die allgemeine Versicherung zur Altersversorgung (vergleichbar mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung) eingebunden.
Das Ergebnis ist ein transparenteres und solidarischeres Rentensystem, das in der Bevölkerung breite Akzeptanz findet. Die SRzG hat zur Reform in Österreich bereits einen Blogbeitrag veröffentlicht, der dieses Thema näher erläutert und wichtige Impulse für die deutsche Debatte liefert. Der erwähnte Fernsehbeitrag geht nun stärker auf die Hintergründe ein.
Streiks als Katalysator: Die Reform von 2005
Die österreichische Entwicklung kam nicht von selbst. Im Jahr 2003 plante die österreichische Regierung Altersgeldkürzungen für Angestellte und Arbeiter, woraufhin es zu massiven landesweiten Streiks kam. Der Widerstand war erfolgreich: Die Kürzungen wurden teilweise zurückgenommen und es wurde eine Tür aufgestoßen für die überfällige Reform des gesamten Systems, sowohl der Altersversorgung von Arbeitern und Angestellten als auch Beamten.
Im Jahr 2005 trat schließlich das Reformgesetz in Kraft – mit dem Ziel, das Pensionsrecht aller Erwerbstätigen, einschließlich Beamter, zu vereinheitlichen und zu modernisieren. Übergangsregelungen stellen sicher, dass bestehende Ansprüche für bereits Verbeamtete nicht verloren gehen.
Dieses gerechtere System wurde erst durch das Zusammenspiel von öffentlichem Druck, politischem Willen und organisiertem Protest möglich gemacht.
Was Deutschland daraus lernen kann
Wolfgang Panhölzl von der Arbeiterkammer Wien brachte es im ARD-PlusMinus-Beitrag treffend auf den Punkt:
„Ohne die Einbeziehung der Beamten wäre in der gesetzlichen Pensionsversicherung für die anderen Arbeitnehmer […] der Reformdruck so groß geworden, dass das unweigerlich entweder zu Leistungskürzungen gekommen wäre oder zu einer Anhebung der Altersgrenzen.“
Natürlich sind die Ausgangsbedingungen nicht identisch. In Österreich waren Beamte schon vor der Reform in geringem Maße beitragspflichtig, sie waren bereits an das Zahlen gewöhnt. Doch das Argument, eine Reform sei bei uns unmöglich, greift nicht. Im Gegenteil: Gerade, weil die Ungleichbehandlung bei uns besonders ausgeprägt ist, ist eine Reform dringend notwendig.
Ungerechtfertigte Privilegien für Beamte
Beamte zahlen keine Rentenbeiträge, anders als alle Arbeitnehmer (87 Prozent der Erwerbstätigen).
Beamte erhalten aber deutlich höhere, steuerfinanzierte Pensionen und großzügige Zuschläge, während viele Beschäftigte trotz gleicher oder größerer Verantwortung weniger verdienen und schlechter abgesichert sind.
Gleiche Arbeit verdient gleiche Bezahlung. Diese klare Ungleichbehandlung ist ein eklatanter Missstand, der unverzüglich abgeschafft werden muss. Das SRzG-Konzept einer Erwerbstätigenversicherung bietet hierfür einen realistischen und sozial gerechten Lösungsweg. Die schrittweise Integration der Beamtenschaft würde das Rentensystem langfristig stabilisieren, und zugleich Solidarität und Generationengerechtigkeit stärken. Zwei Fliegen würden mit einer Klappe geschlagen werden.
Jetzt Druck machen und Verantwortung einfordern
Ein gerechtes Rentensystem kann nur funktionieren, wenn alle einzahlen – auch die Beamten.
Doch dieser Wandel wird sich nur schrittweise verwirklichen lassen. Und genau deshalb fordern wir als ersten und überfälligen Schritt:
- Die sofortige Einbeziehung der Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung.
Denn: Wer von anderen Solidarität verlangt, muss sie selbst vorleben.
Und dann endlich:
- Die Aufnahme von Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung.
Die geforderten Abschaffungen der heutigen Sondersysteme für Abgeordnete und Beamten (letzteres über einen Zeitraum von vier Jahrzehnten) wäre ein klares Signal für mehr Gerechtigkeit und ein starkes Zeichen an eine Bevölkerung, die zunehmend das Vertrauen in das System verliert. Im SRzG-Positionspapier zu Rente und Pensionen wird gezeigt, wie das rechtlich und politisch umsetzbar ist.
Jetzt liegt es an uns, den öffentlichen Druck zu erhöhen. Erinnern wir die Abgeordneten an ihre Verantwortung für das Gemeinwohl.
Quellen
Videobeitrag des ARD-Magazins PlusMinus (20.08.2025): Beamte in gesetzliche Rente – Wie der Systemwechsel in Österreich funktioniert hat. https://www.ardmediathek.de/video/plusminus/beamte-in-gesetzliche-rente-wie-der-systemwechsel-in-oesterreich-funktioniert-hat/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3BsdXNtaW51cy83YTU0OGMxZC1lYjk5LTRiMTktYTg5Yi1lMzAyMDZmMWUxMDY. Abgerufen am 04.09.2025.
Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (Mai 2024): Mit der Erwerbstätigenversicherung jetzt beginnen: mehr Solidarität und weniger Generationen-Ungerechtigkeit. Ein Positionspapier der SRzG. file://///Server/SRZG/SRzG/Kampagnen/2025_Abgeordnete%20in%20die%20gesetzliche%20Rentenversicherung/PP%20Erwerbst%C3%A4tigenversicherung/PP_Erwerbst%C3%A4tigenversicherung%20(Mai%202024).pdf. Abgerufen am 04.09.2025.
Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (5. Auflage, Mai 2025): Rente und Pensionen. Ein Positionspapier der SRzG. https://generationengerechtigkeit.info/wp-content/uploads/2025/05/SRzG-PP_Rente-und-Pensionen-Mai-2025.pdf. Abgerufen am 04.09.2025.
Destatis (03.09.2025): Pressemitteilung Nr. N048. 13,4 Millionen Erwerbspersonen erreichen in den nächsten 15 Jahren das gesetzliche Rentenalter. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/08/PD25_N048_13.html?templateQueryString=babyboomer. Abgerufen am 04.09.2025.
Toller Beitrag! Eine Reform ist längst überfällig. Es braucht zwingend mehr Gerechtigkeit und ein zukunftsfähiges Rentensystem.